Gegründet wurde Münstereifel im Jahr 830 als Kloster, erhielt im Jahr 898 die Markt-, Zoll- und Münzrechte und war um 1600, also kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg neben Jülich, Düren und Euskirchen eine der vier Hauptstädte des Herzogtums Jülich. Es war wegen seines blühenden Gewerbes seit Jahrhunderten die bedeutendste Stadt zwischen Köln und Trier, also auch bedeutender als Euskirchen, mit 3000 Einwohnern im Jahr 1627, ein Handels- und Verwaltungszentrum mit einem eigenen Gerichtssitz. Das Stift der Stadt stand 50 kleineren Pfarreien vor, verschiedene Zünfte waren einflussreich vertreten.

Im Jahr 1609 starb kinderlos der Herzog Johann Wilhelm von Jülich und brachte damit die Geschichte dieser Schule in dieser Stadt ins Rollen. Um sein Herzogtum rechts und links des Rheins, neben Köln dem bedeutendsten Territorium am Niederrhein, entstand sozusagen als Dämmerung für den folgenden Dreißigjährigen Krieg ein Streit um die Nachfolge zwischen dem Kurfürst von Brandenburg und dem Pfalzgrafen von Pfalz-Neuburg.

Im Hintergrund mischten auch noch Kursachsen und der Kaiser mit, denn es ging nicht nur um das Land und seine Reichtümer, sondern auch um die Bewahrung oder Rückeroberung der Rheinlande für den römisch-katholischen Glauben. Es war ein offenes Rennen, denn die vereinigten Herzogtümer von Jülich waren konfessionell gemischt, rechtsrheinisch eher protestantisch und linksrheinisch eher katholisch. Wegen der labilen Lage griffen zeitweilig auch noch Frankreich, die spanischen Niederlande und sogar England ein. Die Lösung war 1614 im Vertrag zu Xanten wie so oft die Aufteilung, wobei – wichtig für uns – der linksrheinisch katholische Teil an den Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm ging, der dafür sogar extra zum Katholizismus konvertierte.

Die große katholische Übermacht im Rat von Münstereifel versuchte sofort, die Situation zu ihren Gunsten zu stabilisieren. 1618 brachte man die Kapuziner dazu, ein Kloster in Münstereifel zu gründen. Dieses Kloster arbeitete als Tuchfabrik und brachte weiteren wirtschaftlichen Aufschwung. Nur die beste Waffe der Gegenreformation war noch stumpf: um das Schulwesen war es schlecht bestellt. Es gab zwar eine 1594 von Margarete Linnerij gegründete Erziehungsanstalt für Mädchen, aber das vom Stift geleitete Elementarschulwesen lag danieder. In der großen Region zwischen Köln und Trier gab es nicht ein einziges Gymnasium. So wurden von Rat und Stift alle Hebel und Finanzen in Bewegung gesetzt und im Frühjahr 1625 Nägel mit Köpfen gemacht; man konnte den Jesuitenorden zu einer Schulgründung bewegen. Das Gründungsflugblatt datiert vom Michaelistag, dem 29.9.1625. Auch wenn zu Beginn einige Schwierigkeiten zu überwinden waren und der Mut der ersten Stunde von nicht gerade wenigen Zweifeln bei allen Beteiligten gefährdet wurde, weil es eben auch um Geld und Einfluss ging, gelang schließlich die Schulgründung. 

Der Jesuitenorden befasste sich grundsätzlich nur mit dem höheren Schulwesen und der Unterricht wurde immer unentgeltlich erteilt. Deshalb musste jede Neugründung vorab und für die Zukunft wirtschaftlich und finanziell gesichert werden, und zwar an Ort und Stelle durch Stiftungen, Schenkungen, Vermächtnisse u.ä.
Dies war auch der Grund für ein stattliches Gebäude, das allerdings erst 1726 in seiner heutigen Form fertig wurde, für den Reichtum, der sich in der Innenausstattung spiegelt und für eine Bibliothek, die durch viele Vermächtnisse aber auch Neukäufe rasch wuchs und einem bedeutenden Jesuitenkloster angemessen war. Zum Vermögen des Kollegiums zählten 1773 ein Stadtgrundstück, neun Güter und Höfe, zwei Weiden, fünf Waldungen, fünf Pachtberechtigungen, fünf Renten, sechs Gemeindesteuern und viele kleinere Ansprüche. Davon konnte man gut leben.

Das Gymnasium war eingeteilt in fünf Klassen, wobei die ersten drei der heutigen Unter- und Mittelstufe entsprachen. Sie wurden zusammengefasst unter dem Begriff Grammatica und unterteilt in die Infima Grammatica, die Sekunda Grammatices und die Syntax Grammatices. Die Oberstufe hieß Humaniora und wurde gebildet von der vierten Klasse Humanitas und Poetik und der fünften Klasse Rhetorik. Die einzelnen Klassen konnten durchaus zwei Jahre dauern, so dass die Gesamtschulzeit etwa der heutigen entsprach. Der einzige Unterrichtsgegenstand waren die klassischen Schriftsteller und die Unterrichtssprache war Latein. Alle unsere heutigen Fächer wie Deutsch, Geschichte, Erdkunde oder Mathematik wurden ohne eigentliche Trennung in die Erläuterung der lateinischen Texte integriert. Es blieb den unterrichtenden Lehrern und den vorhandenen Quellen überlassen, welche aktuellen Gegenstände Eingang in den Unterricht fanden. Auch das zeigt die Bedeutung einer umfassenden Schulbibliothek.

Diese jesuitische Schulorganisation hatte Bestand bis etwa in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ein Tagesablauf, der in unserem ebenfalls bis in diese Zeit zurückreichenden Schularchiv überliefert ist, möge zur Illustration dienen:

5.30 bis 7 Uhr Silentium 
7.15 Uhrasketische Vorlesung
7.30 UhrMesse 
8 bis 10 UhrSchule „nach dem Schulbuch“ 
10.15 bis 11 Uhr                      Verschiedenes nach Wahl des Lehrers
Pause 
12.30 bis 13.30 UhrVorbereitung / schriftliche Arbeiten
13.30 bis 15.30 UhrSchule „nach dem Schulbuch“ 
Pause 
16.30 bis 18.30 UhrSilentium 

Der Sonntag war schulfrei, der Samstag diente der Wiederholung und dem Religionsunterricht. Zwei Monate Ferien (vor allem zur Erntezeit) und vielfältige außerunterrichtliche Aktivitäten lockerten den Unterricht auf, z.B. die vielen Theateraufführungen der so genannten Jesuitendramen, markige Stücke, von denen eine ganze Reihe in der Jesuiten-Bibliothek erhalten sind. Einige Titel sind:

  • Mauritius orientis imperator. Tragoedia
  • Der nach überstandener großer Armuth von seinem Vatter aufgenommene verlohrne Sohn.
  • Hannibal in Verzweiflung. Trauerspiel 
  • Augustin von Ambrosius bekehret. Geistliches Schauspiel
  • Der politische Zinngießer. Lustspiel
  • Der junge Freygeist. Schauspiel

Die Schülerzahl betrug um 1750 etwa 200 Jungen. Mädchen wurden nicht unterrichtet. Andere Kollegien waren größer mit bis zu 1000 Schülern. Das Münstereifeler Jesuitenkolleg war somit ein Teil einer wahrhaft gigantischen Schularbeit dieses Ordens. Es gab Ende des 18. Jahrhunderts 600 Kollegien mit etwa 200 000 Schülern.
Allerdings dauerte diese Blüte des Jesuitenordens nur bis 1773, das Jahr, in dem Papst Klemens XIV. den Jesuitenorden aufhob. Auch in Münstereifel ging damit die Zeit der Jesuiten zu Ende. Im Jahr 1814 wurde der Orden dann zwar durch Pius VII. wieder hergestellt, die Jesuiten kamen aber nicht nach Münstereifel zurück.

Zur Sicherung der Schulen und ihrer Besitztümer wurden diese nach der Ordensauflösung per Dekret des Reichshofrates in Wien der jeweiligen landesherrlichen Administration unterstellt. Der zu dieser Zeit zuständige Landesherr Kurfürst Karl Theodor in Düsseldorf übertrug kurzerhand die Verwaltung und Unterhaltung der Schule der Stadt Münstereifel. Mit der Eigenständigkeit der Schule war es damit vorbei. Zukünftig wurde nur noch ‚quartaliter‘ Getreide und Geld von der ärmer gewordenen Stadt zugeteilt, was die Schularbeit nicht gerade steigerte. Die Schule wurde kleiner, sie schmolz dahin.

20 Jahre später, als die französischen Revolutionsheere einzogen und die letzten Jesuiten Münstereifel verließen, stand die Schule kurz vor der Auflösung. Dieser Fall in die Bedeutungslosigkeit widerfuhr aber nicht nur der Schule, sondern auch der Stadt insgesamt, die jetzt am östlichen Rand Frankreichs im Departement Rhin et Moselle all ihre Vorzüge verlor und zur unbedeutenden Kleinstadt wurde. Erst im 20. Jahrhundert konnte die Stadt sich allmählich wieder erholen und einen neuen Stand gegenüber der erstarkten Kreisstadt Euskirchen erlangen.

Die Schule selbst konnte diese Zeit völliger Mittellosigkeit zwischen 1795 und 1814 nur durch eine Reihe höchst selbstloser Lehrer und Förderer überstehen, die ohne Gehalt, bei kostenlosem Wohnen und Geschenken der Schüler den Schulbetrieb aufrecht erhielten. Erst mit dem Friedensschluss 1814 kamen wieder geordnete Verhältnisse, da das ehemalige Herzogtum Jülich jetzt zum Königreich Preußen kam. Jährliche Zuweisungen und regelmäßige Lehrergehälter führten dazu, dass die Schülerzahl wieder wuchs. Im Herbst 1800 waren es gerade noch 18 Schüler, im Jahr 1820 war die Zahl wieder auf 123 gestiegen. Der Untergang war gerade noch mal knapp abgewendet worden.

Fortan lagen die Geschicke der Schule zunächst in den Händen Preußens. Das St. Michael-Gymnasium war – wie alte Siegel noch zeigen – damit ein ‚Königliches Gymnasium‘. Nach dem 2. Weltkrieg kam man in Landesträgerschaft und war jetzt ein staatliches Gymnasium und seit dem 1.1.1974 ist die Schule städtisch, was sie zu Beginn mit der beschriebenen Finanzierung eigentlich ja auch schon einmal war.

von Paul Georg Neft, 2004